Glaubenssätze
gib niemals auf – die Letzten werden die Ersten sein – du kannst nicht alles haben – wer faul ist, den bestraft das Leben – Erfolg ist Entscheidungssache – das Schicksal kann man sich nicht aussuchen – Fülle ist mein Geburtsrecht – das haben wir immer schon so gemacht – wo Geld ist, ist Macht – Liebe wirkt Wunder– besser früher als später – gut Ding braucht Weile – froh zu sein bedarf es wenig – das Leben ist immer lebensgefährlich – das Glück ist ein Vogerl – Lügen haben kurze Beine – der Mensch denkt, Gott lenkt– glauben heißt nicht wissen – ich muss – ich soll – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – heute haben die Frauen die Hosen an – trau keinem Mann – Zeit ist Geld – Kunst ist frei
Diese Glaubenssätze habe ich ohne viel nachzudenken rausgeschrieben.
Die Fragen, die mir dazu einfallen, sind: Wer in mir entscheidet, was ich glaube? Wie viele verschiedene Teile in mir glauben woran? Welche Sätze helfen und welche verhindern? Welche Sätze wirken bewusst, welche unbewusst? Wie erkenne und finde ich Letztere? Welche Sätze sind im kollektiven Gedächtnis gespeichert und wirken für alle? Welche meiner Glaubenssätze teile ich mit Rechtsradikalen oder mit den Zeugen Jehovas? Gibt es auf der anderen Seite der Erde andere Glaubenssätze? Welche Sätze kommen aus der Vergangenheit und wirken in die Zukunft? Gibt es eine objektive Wahrheit? Glaube ich an etwas und daraus ergibt sich meine Realität, oder ist es umgekehrt, oder ist es für das, was ist, ganz egal, was ich glaube?
In der Aufstellungsarbeit tauchen oft Glaubenssätze auf. Zum Beispiel der Satz: „Ich muss hart arbeiten.“ Bei der Aufstellung stellt der oder die Satzbringer*in für die Wörter ich – muss – hart – arbeiten jeweils eine Repräsentantin, einen Repräsentanten im Raum auf und diese*r agiert so, wie es gerade spürbar ist. Dadurch wird die Dynamik eines Glaubenssatzes erfahrbar und wandelbar. Eine Satz-Aufstellung kann zeigen, wie tief sitzende Überzeugungen, die mit einem geglaubten Satz einhergehen, die gelebte Wirklichkeit beeinflussen, ähnlich einer Selbstsuggestion. Ideen, die mir kommen: Ein Satz, der Halt, Sicherheit, Kraft oder eine gute Ausrichtung gibt, kann solange, wie gewünscht, genutzt werden. Auch einzelne Wörter haben eine Wirkung. Wörter und Sätze sind Energieträger, die Inhalte, Bedeutung und Ausrichtung transportieren. Je bewusster wir mit Wort Energieträger*innen umgehen, umso bewusster gestalten wir.
Eine Übung für eine Ich-Selbst-Aufstellung zu einem Glaubenssatz:
Nimm dir 15 Minuten Zeit, schreibe Glaubenssätze ohne Wertung und ohne zu denken aus dir heraus, suche dann einen Satz aus, schreibe jedes Wort des Satzes auf ein Papier, leg die Papiere im Raum auf, gehe von Blatt zu Blatt und spüre die Worte. Sprich den Satz in verschiedenen Lautstärken und Tonlagen laut und leise aus und spiele dich beim Versenden des Satzes in den Raum mit dessen Inhalt (stell dir den Inhalt beim Versenden positiv, negativ, neutral vor). Tanze den Satz, singe ihn, experimentiere damit. Such dir Kleidungsstücke, die zu deinem Satz passen, und zieh dir den Satz, wie eine Rüstung oder eine zweite Haut, an. Wie fühlt sich der Satz jetzt an? Gibt er dir Kraft? Schwächt er dich? Schützt er dich? Hilft er dir? Behindert er dich? Nimm alles wahr, was kommt. Dann lege langsam und achtsam die Kleidungsstücke und den Satz ab. Was verändert sich für dich?
veröffentlicht in TAU magazin für barfußpolitik